Konzerte - Fränkisch-Böhmischer Abend 2018

Text und Bilder von Tanja Heier, Rhön- und Streubote.

 

Schmankerl für Ohren und Gaumen

Polkas und "Gschichtli": Mit ihrem 8. Fränkisch-Böhmischen Abend traf die Stadtkapelle Ostheim den Nerv des Publikums

 

Ostheim. Mundart und Brauchtum erfreuen sich großer Beliebtheit. Die Egerländerbesetzung der Stadtkapelle Ostheim unter der Leitung von Stadtmusikmeister Walter Bortolotti hat schon seit langem ihre Leidenschaft für böhmische Blasmusik entdeckt. Damit liegt sie voll im Trend. Mit schmissigen Märschen und fröhlichen Polkas gelang es dem Ensemble zum Start ins Wochenende, Bierzeltstimmung in die Markthalle zu bringen. Den "fränkischen Part" des Abends übernahm Wilhelm Wolpert. Augenzwinkernd blickte der Haßfurter Mundartdichter dem Franken gleichermaßen in die Seele und aufs Maul.

Nachdem die Gäste sich Fränkisches Hochzeitsessen und Böhmisches Biergulasch hatten schmecken lassen, trat Monika Weber ans Mikrofon. Mit den Worten "Da sind wir wieder" grüßte sie strahlend in die Runde. Die Vorsitzende des Musikvereins lud dazu ein, die folgenden Stunden bei einem kühlen Bier oder Wein zu genießen. Als der Marsch "Start frei" verklungen war, legte Wilhelm Wolpert los. Geschliffen gereimt und in feinstem Dialekt warnte er seine Geschlechtsgenossen vor der "Gefahr Ehefrau". Wenn nämlich der Gatte in Ruhe Fußball schauen will, könnte der von der besseren Hälfte wörtlich genommene Schrei "schieß doch", tödlich enden. Mit der "Anna Polka", den "Rauschenden Birken" und der "Böhmischen Liebe" ging es musikalisch weiter im Programm.

Beim Fränkisch-Böhmischen Abend gab Stadtmusikmeister Walter Bortolotti (4. von links) von der 1. Reihe aus den Takt vor.

 

Frisch, frech, fröhlich und frei berichtete der Gast dann über das Zusammenleben von "Fraa" und "Moo". Da die Franken ihre eigene Wahrheit und Weltsicht haben, konnte sich das eine oder andere Paar hierin sicher wiedererkennen. Bei der Polka "Für Paulina" glänzte Julian Weber am Tenorhorn. Fast schien es, als wollte er gemeinsam mit seinem Solopartner Walter Bortolotti (Flügelhorn) musikalisch um die Gunst jener Dame buhlen. Der Dirigent stand übrigens nicht wie sonst mit Taktstock vor seinem Orchester – diesmal hatte er von der ersten Reihe aus alles fest im Griff. Zudem machte der Stadtmusikmeister auch als Moderator eine gute Figur. So bezeichnete er Christoph Breunig als "Koch", welcher die "Löffelmeisterpolka" servierte. Die "Sommerfreuden" passten bestens zu dem schönen Abend. Längst war es den Akteuren gelungen, die Halle zum Kochen zu bringen.

Bei der Polka "Für Paulina" spielten sich die Solisten Julian Weber (Tenorhorn) und Walter Bortolotti (Flügelhorn) in die Herzen des Publikums.

 

Der Schweiß lief, die Taschentücher lagen griffbereit. Jetzt durften sie für Lachtränen gezückt werden. Wilhelm Wolpert zelebrierte sein "Gschichtli" über einen stellvertretenden Landrat. Dieser sollte als Schirmherr einer Jubiläumsfeier die Festrede halten. Leider wusste der gestresste Kommunalpolitiker nicht mehr genau, ob er beim Gesangverein oder der Feuerwehr eingeladen war. Somit blieb ihm nichts anderes übrig, als zu improvisieren – peinlich und fatal zugleich. Gisbert Hander und Michael Weber gaben zu "Zwei fröhliche Musikanten" den Ton an, bevor Walter Bortolotti eine "etwas andere" Polka versprach. In der Tat beeindruckten die "Streicheleinheiten" Alexander Pflugers mit einer Extraportion Gefühl. Deutlich schmissiger klang die "Marktfrauen-Polka"; zu Josef Poncars Ohrwurm "Auf der Vogelwiese" wurde kräftig mitgesungen.

Nach der Pause lud die "Feinschmecker-Polka" zum Genießen ein. Der "Böhmische Wind" wehte sanft durch den Raum; Wilhelm Wolpert philosophierte über das Älterwerden und die damit einhergehende selektive Vergesslichkeit. Ungeniert blickte er zudem in die Abgründe fränkischer Ehen. Der Franke überlässt nichts dem Zufall. Um sicherzugehen, dass beim Leichenschmaus regionales Essen auf den Teller kommt, wird dieses sicherheitshalber von der späteren Toten schon vorgekocht. Aber noch gab es keinen Grund zur Trauer. Walter Bortolotti animierte dazu, beim "Dompfaff", die Lippen zu spitzen. Langsam ging das fröhliche Stelldichein zu Ende. Monika Weber bedankte sich bei allen, die zum Gelingen des achten Fränkisch-Böhmischen Abends beigetragen hatten. Der Ehrengast erhielt als Vorgeschmack auf den Wurstmarkt einen Freßkorb mit Spezialitäten des Rhönstädtchens. Das Publikum belohnte den gelungenen Auftritt Wilhelm Wolperts mit kräftigem Applaus; hatte er doch eindrucksvoll bewiesen, dass er nicht umsonst Träger des "Frankenwürfels" ist.

Mundartdichter Wilhelm Wolpert (rechts) erhielt als Dankeschön für seinen gelungenen Auftritt von der Vorsitzenden des Musikvereins Monika Weber (links) einen Freßkorb voller Ostheimer Spezialitäten.

 

Ganz "unböhmisch" stimmten die Musiker "One Moment in Time" nach einem Arrangement Walter Bortolottis an. Die Hommage an Ausnahmesängerin Whitney Houston sorgte für Gänsehaut pur. Im Kontrast dazu hielt es bei Rudolf Novaceks "Castaldo-Marsch" keinen mehr auf den Stühlen, Rufe nach einer Zugabe wurden laut. Schließlich fehlte zum Glück der Fans lediglich die "Hymne der Blasmusik": Norbert Gälles "Böhmischer Traum" wurde als letztes Schmankerl auf der Karte in vollen Zügen genossen.

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